Diese Woche hat der Europäische Gerichtshof erneut ein sehr interessantes Urteil gefällt. Dieses betrifft alle Spielhallen und Casinos in Deutschland und könnte dazu führen, dass die Glücksspielbetreiber Schadensersatz verlangen können.
Lockdown für Casinos könnte ungerechtfertigt sein
Inhaltsverzeichnis:
Im Grunde genommen hat der EuGH erneut das bestätigt, was schon seit Jahren der Fall ist: Das internationale Recht steht über dem nationalen Recht. Das bedeutet, dass ein Land, zum Beispiel Deutschland, nicht etwas beschließen kann, das die europäische Union anders sieht.
Im neuesten Urteil heißt es, dass ein Casino oder eine Spielhalle nicht vom Lockdown betroffen sein dürfte, wenn es von einem Bürger eines EU-Landes hin und wieder betreten wird. In diesem Fall tritt die Dienstleistungsfreiheit in Kraft, das auf internationaler Ebene vorliegt. Diese Dienstleistungsfreiheit darf nicht vom nationalen Recht beschränkt werden. Das trifft aber im Falle eines Lockdowns zu. In diesem Fall können die Dienstleistungen gegenüber ausländischen Bürgern nicht mehr aufrechterhalten werden.
Zudem gibt es viele ausländische Investoren, die an einer Spielhalle oder Casino beteiligt sind. Man denke nur an Gauselmann, der ebenfalls mehrere Spielhallen in Deutschland unterhält. Obwohl sich beide Länder sehr nahe stehen, tritt hier exakt der Fall ein, der vom EuGH verhandelt wurde.
Doch was bedeutet das nun im Detail? Die Glücksspielbetreiber könnten nun nach EuGH Schadensersatzansprüche geltend machen.
Begründung des Infektionsschutzes reicht für Lockdown nicht aus
Interessanterweise geht die Begründung des Europäischen Gerichtshofs weiter. Die Richter sind der Meinung, dass die pauschale Begründung bezüglich des Infektionsschutzes nicht ausreicht, um alle Casinos in einen Lockdown zu schicken. Auch die Risikobewertung des RKIs ist kein ausreichender Grund, um die Grundrechte einzuschränken.
Im Wortlaut des Beschlusses kommen folgende Formulierungen vor:
- die Exekutive muss jeden Tag aufs Neue Beweise anführen, dass die Schließung aus Gründen des Allgemeinwohls richtig ist
- die Schließung der Casinos muss zwingend erforderlich und verhältnismäßig sein
- Ausdruck einer systematischen und kohärenten Beschränkung sein
Bislang konnte anscheinend nicht nachgewiesen werden, dass sich das Virus in Spielhallen ausbreitet. Zudem wurden in allen Casinos und Spielhallen strenge Hygienemaßnahmen installiert. So muss auch jeder einen Mundschutz tragen, die Spielautomaten haben einen ausreichenden Abstand zueinander und zwischen den Spielern am Tisch befinden sich Plexiglasscheiben.
Solche Maßnahmen sind in anderen Geschäften nicht vorhanden. Hinzu kommt die Tatsache, dass wohl jeden Tag wesentlich mehr Personen einkaufen gehen, die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und sich in der Arbeit begegnen – meist ohne Mundschutz.
So gesehen hat der Europäische Gerichtshof definitiv Recht, wenn er den Grund anzweifelt, weshalb sich auch Spielhallen im Lockdown befinden.
Ein weiteres Argument des EuGH lautet: Wenn die staatlichen Lotterieannahmestellen weiter offenbleiben dürfen, dann sollten dies die Spielhallen auch dürfen. Hier liegt eine Ungerechtigkeit vor.
Urteil bestätigt die Legalität der Online Casinos
Dieses neue Urteil kommt auch den Online Casinos zugute. Wenn eine Spielhalle vor Ort offen bleiben müsste, um ihre Dienstfreiheit gegenüber ausländischen Kunden zu gewährleisten, dann sollte dies auch für Online Casinos gelten. Auch hier gibt es das internationale Recht auf Dienstfreiheit. Aber mit diesem Argument verteidigen sich auch die Online Casinos seit Jahren.
Und diese Dienstleistungsfreiheit ist auch der Grund, warum zwar bis jetzt ein paar Glücksspielanbieter vom deutschen Staat angeklagt wurden, aber kein Urteil beschlossen wurde. Um das zu verstehen, muss nur das neue Urteil umgedreht werden:
- im Urteil steht, dass deutsche Spielhallen ihre Dienstleistung immer ausländischen Kunden zur Verfügung stellen dürfen
- somit dürfen auch ausländische Anbieter (siehe Online Casinos) ihre Dienstleistung den deutschen Bürgern zur Verfügung stellen
Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich die Frage, ob der neue Glücksspielstaatsvertrag ab dem nächsten Jahr überhaupt gültig werden kann. Laut diesem Vertrag dürfen Online Casinos zwar ihre Dienste in Deutschland anbieten. Es dürfen aber nur Spielautomaten und keine Tischspiele wie Roulette angeboten werden. Hierin ist eine Einschränkung der Dienstfreiheit zu sehen.
Potenzielle Folgen des neuen Urteils
Sollten einige Spielhallen wegen des anhaltenden Lockdowns Schadensersatz fordern, könnte womöglich der Lockdown für diese Betriebe aufgehoben werden.
Mit dem vom Europäischen Gerichtshof gelieferten Argument könnten sich auch weitere Unternehmen gegen den Lockdown stellen und somit eine Aufhebung verlangen. Mit viel Glück könnte sogar der Lockdown abgeschafft werden, wenn zu viele Unternehmen klagen und es keine Beweise für das Allgemeinwohl gibt.
Bis es jedoch so weit kommt und alle Spielhallen und Casinos wieder öffnen, freuen sich die Online Casinos. Diese sind der Gewinner des Lockdowns, da viele zu diesen überlaufen. Angesichts der vielen Boni, Promotions, Freispiele und weiteren Vorteilen könnten auch viele Spieler auf Dauer bei den Online Casinos bleiben. Und wer weiß? Vielleicht sind ab dem nächsten Jahr doch wieder Tisch- und Kartenspiele bei den Online Casinos erlaubt. Alles unter dem Gesichtspunkt der Dienstleistungsfreiheit.