Aus Großbritannien sind rund um das Glücksspiel in den vergangenen Jahren schon einige kuriose Ideen und Vorschläge gekommen. Derart kurios wie aktuell wurde es dabei allerdings noch nie. Eine Gruppe Wissenschaftler erklärte jetzt nämlich, dass eine bestimmte Art von Glücksspielen dabei helfen kann, mögliche Problemspieler schneller zu identifizieren. Das wiederum könnte den Glücksspielanbietern helfen, diese Spieler zielgerichteter und zügiger „behandeln“ zu können. Doch wie soll das Ganze funktionieren? Die Forscher liefern hierfür eine Theorie, die mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Ganz aus der Luft gegriffen scheint der Ansatz also nicht.
Britische Forscher untersuchen Glücksspiel
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Das Glücksspiel boomt in Großbritannien wie vielleicht in kaum einem anderen Land auf der Welt. Zusätzlich dazu beschäftigt sich in Großbritannien aber auch ein durchaus großer Teil der Forschung damit, zum Beispiel den Ursachen für ein problematisches Spielverhalten auf den Grund zu gehen. Und so war das Glücksspiel auch in diesem Jahr Thema beim Treffen der psychologischen britischen Gesellschaft, welche sich im englischen Harrogate versammelte. Und hier sorgten vor allem die Forscher der Universität Northumbria für Aufsehen. Diese legten nämlich eine Theorie vor, mit der Glücksspielunternehmen offenbar künftig schneller ihre Problemspieler unter den regulären Kunden identifizieren können sollen. Und in dieser Theorie spielt das Glücksspiel selber eine ganz wesentliche Rolle. Was erst einmal kurios klingt, ist aber wissenschaftlich betrachtet ein durchaus logischer Ansatz.
So griffen die Wissenschaftler Dr. Mark Moss und Dom Gallon aus Newcastle die neue Erwartungstheorie auf, die im Englischen als Prospect Theory bezeichnet wird. Hierbei wurden zahlreiche Daten von Entscheidungen in Situationen im Lotteriespiel verwertet und die Daten als Grundlage für die Theorie genutzt – und das mit Erfolg, denn der Psychologe Daniel Kahnemann wurde für die Entwicklung dieser Theorie 2002 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Doch worum geht es in dieser Theorie konkret?
Die Prospect Theory prüft die Risikolust der Spieler
Im Detail geht es bei der Prospect Theory darum, dass die Spieler im Glücksspiel nicht immer nach logischen Gesichtspunkten handeln, sondern sich stark davon beeinflussen lassen, ob ein Gewinn oder ein Verlust als wahrscheinlicher gilt. Sollte ein Gewinn in Aussicht stehen, entscheiden sich die meisten Menschen für den risikoarmen Weg. Sollte hingegen ein Verlust in Aussicht stehen, wandelt sich diese Risikolust. Mit Zahlen ausgedrückt wurde das also beispielsweise bedeuten, dass die meisten Menschen einen sicheren Gewinn von 2.000 Euro annehmen würden, auch wenn als Alternative mit einer 80 prozentigen Wahrscheinlichkeit ein Gewinn von 3.000 Euro warten würde. Bei einem drohenden Verlust von sicheren 2.000 Euro würden sich die meisten Menschen wiederum dazu entscheiden, zu riskieren, mit 80 prozentiger Wahrscheinlichkeit die 3.000 Euro zu verlieren.
In der Studie der Forscher wurde dieses Verhalten aufgegriffen. Konkret wurden hierzu 120 Probanden ausgesucht, die hinsichtlich ihrer Risikofreude untersucht wurden. 40 Probanden mit einer hohen Risikofreude und 40 Personen mit einer geringen Risikofreude wurden anschließend in Spielsituationen versetzt, die mit unterschiedlichem Risiko verbunden waren. Nahezu alle Spieler entschieden sich dabei für den Weg des geringen Risikos. Ein Unterschied wurde aber eben dann im Verhalten bei drohenden Verlusten analysiert. Hier war die risikofreudigere Gruppe viel stärker bereit dazu, Risiken einzugehen.
Wie können Casinos die Auswertung nutzen?
Doch wie kann diese Auswertung nun für die Casinos und Online Casinos nützlich sein? Diese Antwort liefert Dr. Moss höchst selbst, denn in den Augen des Forschers könne man so ein Spiel programmieren, mit welcher die Risikobereitschaft der Spieler noch vor dem Spiel um echtes Geld geprüft werden könne. „Wir schlagen ein einfaches „What is your Style?“-Spiel vor, welches nach unseren Szenarien entworfen und dann von den Glücksspielbetreibern umgesetzt wird, bevor überhaupt Gelder die Seite wechseln“, so Moss. Der Wissenschaftler ergänzt: „Da die Prospect Theory zeigt, dass Menschen nicht in der Lage sind, Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen und dann die logischste Option zu wählen, wäre es so deutlich schwieriger, die Maßnahmen zu überlisten, indem man seine Haltung zum Glücksspiel an sich verbirgt.“
Damit meint der Experte also, dass es für die Spieler deutlich schwierigerer wäre, im Falle eines problematischen Spielverhaltens das System auszutricksen, als einfach regulär nach dem eigenen Spielverhalten zu spielen. Wie genau das System dann arbeiten soll, wird aus diesem Grund zumindest bislang auch noch nicht weiter thematisiert. Bislang handelt es sich ohnehin nur um einen theoretischen Ansatz, der aber in der Praxis gerade in Großbritannien einige Erfolge mit sich bringen könnte. Die Briten leiden unter einer horrenden Anzahl von Problemspielern, die das eigene Spielverhalten offensichtlich nicht mehr kontrollieren können. Die Bedeutung der Forschung ist daher in den letzten Jahren in diesem Bereich deutlich angestiegen – und dürfte das auch in Zukunft noch tun. Gleichzeitig wird natürlich noch zu diskutieren sein, was die möglichen Folgen der Auswertung in der Praxis seien könnten. Sollten Spieler mit einem problematischen Spielverhalten dann also beispielsweise ganz ausgeschlossen werden? Oder würde es lediglich eine Begrenzung der Einsätze geben? Einige Fragen sind in dieser Diskussion rund um einen durchaus sinnvollen Ansatz also noch offen.