Auch in Großbritannien galt der Typus des Glücksspielers in den letzten Jahren als ziemlich deutlich: Vor allem männlich. Allerdings scheint dieses Bild mehr und mehr ins Wanken zu kommen. Jüngst wurden interessante Zahlen veröffentlicht, die verdeutlichen, dass offenbar immer mehr Frauen ein problematisches Spielverhalten aufweisen würden. Und: Die Anzahl der betroffenen Frauen steigt offenbar schneller als die der betroffenen Männer.
Rasanter Anstieg bei den Spielerinnen
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Das Glücksspiel gilt in den Gedanken der meisten Menschen vor allem als männliches Problem. Dieser Eindruck mag sich über Jahrzehnte verfestigt haben, zumindest in Großbritannien kommt dieser aber in der letzten Zeit ganz schön ins Wanken. In den vergangenen Monaten wiesen mehrfach Organisationen darauf hin, dass die Zahl der spielsüchtigen Frauen steigen würde. Entsprechende Untersuchungen wurden zum Beispiel von Breakeven oder der wesentlich bekannteren GamCare durchgeführt. Die GamCare fand so heraus, dass die Zahl der Frauen mit einem pathologischen Spielverhalten in den letzten vier Jahren um fast 1.000 Frauen gestiegen sei. 2014/2015 waren es demnach 2.303 Frauen mit einem pathologischen Spielverhalten, 2019 habe man jedoch 3.109 Frauen identifizieren können. Das wiederum entspricht einem rasanten Anstieg von 35 Prozent.
Interessanterweise galten vor allem die Männer als anfällig für ein pathologisches Spielverhalten, hier ist der Anstieg jedoch wesentlich geringer ausgefallen. Werden die männlichen Spieler als Grundlage genutzt, sei im gleichen Zeitraum ein Anstieg von nur 15 Prozent erkennbar, berichtet die GamCare.
Organisationen wollen etwas tun
Um gegen die zunehmende Anzahl von Problemspielerinnen etwas zu tun, hat zum Beispiel die GamCare ein neues Programm ins Leben gerufen. Dieses richtet sich speziell an Frauen, die unter einem problematischen Spielverhalten leiden. Im sogenannten „Women’s Programme“ werden diese erst einmal gebeten, an einer Umfrage teilzunehmen. Diese soll dann weiteren Aufschluss liefern. Für die GamCare ist das Programm von großer Bedeutung. Das verdeutlich auch die Investitionssumme von rund 1,9 Millionen Pfund, die für dieses Projekt zur Verfügung gestellt wird. Erreicht werden sollen nicht nur Problemspielerinnen aus England, sondern auch aus Wales oder Schottland. Angeboten werden in diesem Zusammenhang zum Beispiel spezielle Behandlungsangebote nur für Frauen, zudem gelten die Spielerinnen als eher schutzbedürftig als die Männer. Das Programm soll daher auch eine Art Netzwerk sein, durch welches die Frauen leichter erreicht und angesprochen werden können. Bislang, so die Erfahrung der GamCare, würden Frauen die Hilfsangebote auch wesentlich seltener in Anspruch nehmen als die Männer. Auch dieser Umstand soll durch das neue Programm verbessert werden.
Abgesehen von der GamCare beschäftigen sich mittlerweile aber auch die britische Medien immer stärker mit diesem wichtigen Thema. So berichten die Journalisten der Tageszeitung „The Guardian“ zum Beispiel von einer Frau, die aufgrund ihrer Spielsucht das Geld für das Begräbnis ihres Vaters verspielt haben soll. Die Dame erklärt, sie hätte insgesamt rund 75.000 Pfund durch das Glückspiel verloren. Zudem hätte sie Spielschulden in Höhe von 25.000 Pfund angehäuft. Laut der Betroffenen sind die Frauen genauso von einer Glücksspielsucht betroffen wie die Männer. Experten sehen das zwar ähnlich, aber verfolgen auch eine etwas andere Theorie. Anfällig seien zwar beide Geschlechter für eine Glücksspielsucht, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Männer würden demnach vor allem Spielen, um einen großen Gewinn zu erzielen. Den Frauen würde es laut Wissenschaftlern eher darum gehen, dem Alltag entfliehen zu können, Spaß zu haben und Stress abzubauen. Deshalb, so die Schlussfolgerung einiger Wissenschaftler, seien für Frauen alternative Behandlungs- und Beratungsangebote erforderlich.
Kreditkartenverbot soll Spieler und Spielerinnen besser schützen
Unabhängig vom Geschlecht sollen die Spielerinnen und Spieler in der britischen Glücksspielbranche ab April auch durch ein neues Kreditkartenverbot zusätzlich geschützt werden. Ab dann wird es nicht mehr möglich sein, bei einem Glücksspielanbieter Gelder mit der Kreditkarte einzuzahlen. Betroffen sein soll von dieser Gesetzesreform nicht nur die digitale Glücksspielbranche, sondern auch die stationäre Industrie. Die Grundlage für diese Reform liegt in einer Überarbeitung des Gambling Acts. Dieser stammt aus dem Jahre 2005 und bezieht sich fast ausschließlich auf den stationären Bereich. Nach und nach werden die Gesetze überarbeitet – so nun auch das Gesetz zur Abwicklung der Zahlungen mit den Kreditkarten. In der Vergangenheit hatten sich bereits mehrfach Organisationen für diesen Schritt eingesetzt. Spieler würden deutlich leichter in die Schuldenfalle geraten, wenn diese ihre Zahlungen mit den Kreditkarten abwickeln könnten, hieß es damals. Dieser Argumentation scheint die Glücksspielbehörde gefolgt zu sein.
Interessanterweise könnte Großbritannien mit dieser Entscheidung wieder einmal als Vorbild für andere Länder dienen. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Reform wurden entsprechende Forderungen für ein Kreditkartenverbot auch in Irland und Spanien laut. Für die Branche spricht dabei, dass sich in der Regel auch die Branchenverbände dafür aussprechen, die Zahlungen zu untersagen. Gleichzeitig wird betont, dass hier auch die Banken in der Verantwortung stehen würden. Casino-Besitzer oder Wettanbieter würden selbst immerhin keine Wetten auf Kredit annehmen, die Banken hätten diese aber eben an die Kunden vergeben. In den kommenden Wochen und Monaten dürften also sowohl in Spanien als auch in Irland noch weiter über ein mögliches Verbot debattiert werden. Gut möglich, dass dieses dann nach dem Vorbild aus England auch zeitnah eingeführt wird.