Obwohl das Glücksspielgesetz in Deutschland in den kommenden Monaten überarbeitet werden soll, ist das Tempo rund um mögliche Reformen zuletzt wieder stark zurückgegangen. Ein Grund hierfür könnte offenbar das Lotto-Spiel in Deutschland sein. Wie der „Businessinsider“ berichtet, gibt es offenbar Befürchtungen, dass das Lotto-Monopol durch die Online Casinos in Wanken geraten könnte. Unabhängig davon hat jüngst auch die Spielbankenbranche auf sich aufmerksam gemacht und gefordert, dass Online-Glücksspiele künftig unter ihrem Dach stattfinden.
Konzessionen für Online Casinos in die Hände der Spielbanken?
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So langsam, aber sicher scheinen die Debatten rund um die Neuausrichtung des Glücksspielstaatsvertrags in Deutschland wieder Fahrt aufzunehmen. Nichtganz unbeteiligt daran ist der Deutsche Spielbankenverband. Der hat in Persona von Vorstandsvorsitzendem Otto Wulferding jüngst einen ganz neuen Vorschlag ins Spiel gebracht: „Ich schlage vor, die Konzessionen für das Online-Glücksspiel an stationäre Spielbanken zu vergeben. Unabhängig davon, ob sie in privater oder öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben werden.“ Gründe sieht Wulferding hierfür vor allem in der erfolgreichen Historie und erklärt gegenüber der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, dass die Spielbanken seit Jahren verlässliche Partner der Länder seien, wenn es darum geht, den staatlichen Auftrag zur Kanalisierung des Glücksspiels zu erfüllen.
Dementsprechend sei es wichtig, dass man die bestehenden Konzessionen auf das Online-Geschäft ausweiten würde. Hier geht es laut Wulferding vor allem um die Sicherheit beim Spiel. So erklärt der Experte: „Viele Spieler wissen gar nicht, dass nicht nur das Angebot von Online-Spielen in der Regel nicht legal ist, sondern auch deren Nutzung.“ Gleichzeitig erklärt der Vorstandsvorsitzende, dass er für eine liberale Rechtsprechung sei. Es sei zum Beispiel nicht im Sinne des Marktes, wenn der Staat Einsatzlimits für das Glücksspiel festlegen würde. Dies sei technisch nur schwer zu kontrollieren, zudem mahnt er an: „Der gläserne Spieler darf nicht das Ziel sein.“. Stattdessen ginge es darum, das legale Online-Spiel der Spielbanken dann so attraktiv zu gestalten, dass die Spieler nicht mehr auf illegale Anbieter ohne Lizenz und ohne Rücksicht auf gesetzliche Rahmenbedingungen zurückgreifen müssen. Dass bisher recht wenige Fortschritte erzielt wurden, scheint Wulferding, wie viele andere, zu stören: „Da ist lang Zeit nichts passiert. Das grenzt schon an Staatsversagen. Ein Totalverbot bringt nichts, weil Spieler ausweichen. Wir aber wollen die Online-Migration in illegale Spielwelten verhindern.“
Sorgt das Lotto-Monopol für Blockade bei Glücksspiel-Verhandlungen
Weswegen es in Deutschland aktuell wieder nur schleppend mit der Reform der Glücksspielgesetze vorangeht, kann nur vermutet werden. Allerdings vermeldete jüngst der „Businessinsider“, dass offenbar ein geheimes Gutachten eines beauftragen Rechtsexperten eine mögliche Komplett-Legalisierung kritisch betrachtet. Für die Bundesländer ist diese Einschätzung nicht ganz unwichtig, denn laut des Experten würde vor allem das Lotto-Monopol bedroht werden. Und von diesem erhalten die Bundesländer bekanntlich regelmäßig üppige Einnahmen. Ende letzten Jahres wurde demnach bereits offenbar ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Federführung die Bundesländer Hamburg und Nordrhein-Westfalen bearbeitet haben. Darin heißt es: „In den bisherigen Beratungen ist von wesentlicher Bedeutung, ob sich eine Abkehr vom gesetzlichen Verbot im Bereich der Online-Casinospiele mit einem Fortbestehen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Große Lotterien (…) vereinbaren lässt.“ Die Bundesländer wendeten sich mit dieser Frage an einen speziell hierfür beauftragen Rechtsexperten.
Dieser kam nach Analyse zu einer ziemlich klaren Meinung und erklärt: „Die zahlenmäßig unbegrenzte Öffnung des Internets für Casino- und Automatenspiele stellt die größtmögliche Gefahr für den Fortbestand des Veranstaltungsmonopols für Lotterien dar. Ein risikoreicherer Eingriff ist nicht vorstellbar.“ Deutlicher geht es also kaum. Für die Casino-Branche ist das ein herber Rückschlag, denn die Chance ist groß, dass die Bundesländer dieser Einschätzung folgen werden. Allerdings rückt hier ein wesentlicher Punkt in den Hintergrund: Das EU-Recht.
EU-Kommission wartet seit acht Jahren auf Risikobewertung aus Deutschland
So gibt der Experte zu, dass „auch im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten die erhebliche Gefahr“ bestehe, „dass die Europarechtswidrigkeit des staatlichen Lotteriemonopols auch gerichtlich festgestellt wird“. Der Grund hierfür liegt demnach darin, dass ein Lotteriemonopol nicht mehr vertretbar sei, wenn die Spieler stattdessen mit Blick auf den Spielerschutz gefährlichere Spiele wie Automatenspiele jederzeit online spielen könnten. Ob die Casino-Branche allerdings wirklich ein Interesse daran hat, Lotteriespiele in Deutschland anzubieten, ist mehr als fraglich. Ohnehin sorgen der Spielerschutz und die Suchtgefahr der unterschiedlichen Glücksspielarten für kräftige Diskussionen.
Die EU-Kommission etwa wartet schon seit rund acht Jahren auf ein Gutachten aus Deutschland, in welchem die Spielsuchtgefahr der einzelnen Glücksspielarten valide bewertet werden soll. Obwohl die Zusage für das Gutachten kam, ist dieses bis heute noch nicht bei der EU-Kommission eingegangen. Der beauftragte Rechtsexperte geht laut „Businessinsider“ (liegt der komplette Bericht vor) in seiner Analyse gar nicht erst auf diesen wichtigen Punkt ein. Stattdessen werden von diesem drei mögliche Vorgehensweisen beschrieben. Der erste Vorschlag sieht vor, dass der Staat weiterhin alle virtuellen Glücksspielangebote verbietet. Eine Alternative dazu wäre, dass die Internet-Spiele von staatlichen Gesellschaften veranstaltet werden, welche „die Nachfrage erschweren“ dürfe. Im dritten Vorschlag wird angeregt, mindestens das Große Spiel und das Online-Poker staatlich zu kontrollieren. Virtuelle Automatenspiele dürfen wiederum unter strengen Voraussetzungen angeboten werden. Interessant: Wie das Magazin berichtet, ist die Kanzlei des beauftragten Gutachters offenbar regelmäßig auch als rechtliche Vertretung für den staatlichen Lottoblock aktiv.